Ungewöhnlich, merkwürdig, komisch, verrückt – das Spiel bekam nachher viele Adjektive. Doch wie man es auch sah, das Ergebnis blieb gleich: Die Herren 1 des BSV 98 Bayreuth gewannen schon ihren vierten Regionalliga-Auswärtsauftritt der Saison (von bisher fünf). Gegen den SC Memmelsdorf gelang ein 3:1 (25:23, 22:25, 27:25, 25:20).
Platz vier in der Tabelle, gleichauf mit dem Dritten und nur zwei Zähler hinter dem Zweiten, ist sicher. Nach der Weihnachtspause geht es am 12. Januar mit dem Derby bei der VGF Marktredwitz (acht Punkte hinter dem BSV Sechster) weiter.
Das Verrückte an dem vergangenen Derby vor den Toren Bambergs: Deutliche Führungen, psychologisch positive Momente schienen die Gäste zu lähmen; andererseits spielten die Bayreuther in schwierigen Situationen am besten. „So viele Breakpunkte wie im zweiten Teil des zweiten Satzes, als wir klar zurücklagen, haben wir wohl selten zuvor gemacht“, sagte Libero Christian Dinkel. Eigentlich hätte der Gewinn des ersten Durchgangs, in dem der BSV gleich sechs Aufschläge versiebt hatte und über 9:12 und 13:16 bis zum 18:19 ständig hinterhergelaufen war, viel Selbstvertrauen geben müssen. Doch vom so gern zitierten Momentum, dem Vorteil durch augenblickliche Formstärke, schienen Dinkel und Mitspieler noch nichts gehört zu haben. Mit einem katastrophalen 2:10-Rückstand starteten sie in den zweiten Abschnitt! Der Volleyball, das unbekannte Wesen, schien für die Spieler in Schwarz der Leitsatz zu sein.
Und dann hätten sie diesen Satz beinahe noch gedreht. Über 11:16 kam der Favorit nämlich bis auf 16:19 und 18:21 heran. Verantwortlich war ein „kompletter Systemwechsel“, wie Spielertrainer Milan Dörnhöfer erklärte. Manuel Wolz ersetzte beim 2:10 Jörg Fredersdorf, übernahm das Zuspiel, Dörnhöfer griff an und machte gleich die nächsten drei Bayreuther Punkte. Vielleicht wäre noch mehr möglich gewesen, wenn der Unparteiische bei der Aufholjagd nicht ein Wolz-Zuspiel umstritten als technischen Fehler abgepfiffen hätte. So gelang Memmelsdorf doch der Satzausgleich.
„Wir haben uns dann in der Pause gesagt, dass hier durchaus was geht, wenn wir selbst nach so einem hoffnungslosen Zwischenstand beinahe noch den Satz drehen“, berichtete Mittelblocker Jan Wißling vom Kabinengespräch. Mit der Startformation gestaltete Bayreuth gegen die in der Feldabwehr um Libero Julian Zachert guten Gastgeber dann den folgenden Durchgang auch offen, bis vier Punkte in Folge zum 20:15 die Vorentscheidung für den BSV zu bringen schienen. Doch erneut stockte das Bayreuther Spiel. Fabian Buck hatte Schwierigkeiten – 23:23. Nun aber schlug die Stunde von Fredersdorf: Der Linkshänder holte Satzbälle heraus, zweimal glich der SCM aus. Doch nach dem 26:25 durch den dritten Streich des Routiniers wehrte Dinkel famos ab, und Lukas Neidl verwandelte.
Ein Tiebreak schien sich anzubahnen, als Memmelsdorf mit dem überzeugenden Angreifer Gerald Schlegel im vierten Satz 14:10 führte. Dass sich dann SC-Zuspieler Tobias Werner bei der Kollision mit einem Kollegen am Kopf verletzte und vorübergehend vom Feld musste, spielte den Bayreuthern in die Karten. Wißling blockte zudem erfolgreich, Buck war fast wieder der Alte, Lukas Schröder servierte stark – 21:16. Und diesmal gab es keinen Einbruch beim BSV.
In die Bayreuther Freude mischte sich etwas Heiterkeit, als Buck vom Gegner zum MVP, dem entscheidenden Spieler der Partie, ernannt wurde. „Das war heute wohl nicht meine beste Leistung; die Ehre gebührt eher Jörg Fredersdorf“, sagte der Kapitän. „Wir haben im zweiten Satz nicht so intelligent agiert. Aber dann lief es ja“, ergänzte der „Matchwinner“. Buck empfand den Abend auch aus einem anderen Grund als merkwürdig: „So häufig habe ich lange nicht mit dem Schiedsrichter gesprochen. Das waren aber nicht etwa Proteste von mir, ich wurde vielmehr immer zu ihm zitiert, weil ihm etwas bei uns nicht gepasst hat.“ Eine Gelbe Karte sah freilich nur der zu provokant jubelnde Fredersdorf. Alles vergessen, 19 Punkte auf dem Konto sorgen für schöne Feiertage.