Die Floskel vom „leichtesten Spiel der Saison“ macht die Runde, obwohl es gegen den schwersten Brocken geht. Weil Gegner VGF Marktredwitz derzeit fast unbezwingbar erscheint, fühlen die Spieler des BSV 98 Bayreuth keinen Druck, wenn sie am Samstag (16. November, 20 Uhr) in der Halle des souveränen Regionalliga-Spitzenreiters antreten. Keiner erwartet einen Erfolg der Gäste, zumal nicht nach deren sang- und klanglosem Heim-0:3 vor knapp einer Woche gegen den SC Freising.
BSV-Coach Alessandro Bozzato wirkt insofern auch nicht ängstlich, sondern gelassen, wenn er feststellt: „Wohl in keine andere Begegnung in dieser Saison gehen wir als dermaßen großer Außenseiter wie an diesem Samstag.“ Man fühle sich in der Rolle des Underdogs aber nicht unwohl und wolle alles geben, um stärkeren Widerstand zu leisten als gegen die Freisinger.
Der Möglichkeit, sich in der Sebaldhalle vor wohl mehr als 300 lautstarken VGF-Fans (und einer Handvoll Bayreuther) etwas zurückzuhalten, um Kräfte zu sparen für die Reise eine Woche später nach Türkheim und zum VCO München, erteilt Bozzato eine klare Absage: „Ich fahre doch nicht insgesamt 120 Kilometer, um mich abschießen zu lassen. Zudem würde dann die Moral leiden vor den Begegnungen mit zwei Mannschaften, gegen die wir punkten sollten.“
In der vergangenen Saison hat der BSV den damaligen Drittliga-Absteiger daheim mit 3:1 geschlagen und am Ende direkt vor „Rawetz“ den vierten Platz belegt, obwohl die Partie in der ungewöhnlichen VGF-Heimstätte – die Zuschauer blicken von weit oben auf das Spielfeld herab – 1:3 verloren ging. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Bayreuther haben drei, vier neue Leute dabei, deren Können aber sicher nicht heranreicht an das Niveau von VGF-Verstärkung Ondrej Kust. Der 38 Jahre alte Spielmacher war tschechischer Nationalspieler und bis zum Vorjahr Profi, spielte in Belgien, Frankreich und im Libanon. Der 1,93-m-Mann wurde nach einer schweren Verletzung von Philipp Weiß geholt. „Anfangs war die Kommunikation auf dem Feld schwierig, da er nur ein bisschen Deutsch sprach. Das funktioniert aber nun immer besser“, verriet Mitspieler Janek Lindner in der „Frankenpost“.
Und Trainer Milan Cernousek sagte dem „Neuen Tag“: „Die Mannschaft sollte Kusts Verpflichtung als eine Riesenchance sehen: Wenn dieser Zuspieler zufrieden ist und bei uns Spaß hat, haben wir diese Position mindestens für die nächsten zehn Jahre besetzt.“
„Offiziell wollen wir so schnell wie möglich den Klassenerhalt schaffen“, äußerte Kapitän Jan Liebscher vor der Saison, gab aber zu, dass man den Anspruch habe, vorne mitzuspielen. Und das gelingt prächtig: Sieben Siege aus sieben Spielen belegen es. Zuletzt allerdings standen die Marktredwitzer bei Verfolger VC Amberg dicht vor der ersten Schlappe. Beim 24:19 im vierten Satz fehlte den Oberpfälzern nur ein einziger Punkt. Doch sie vergaben fünf Matchbälle, bei 25:24 dann noch einen. Nach dem 27:25 gewann die VGF auch den Tiebreak (15:9).
Das Bayreuther Team für Marktredwitz stellt sich quasi von allein auf: Zuspieler Milan Dörnhöfer fehlt erneut, peilt am selben Abend als Trainer der Damen des TV Altdorf den Sturm an die Tabellenspitze der 3. Liga an; dazu muss den Fränkinnen ein Heimsieg über Spitzenreiter Erfurt gelingen. Jörg Fredersdorf kann nach Verletzung noch nicht wieder mitmachen, Raphael Brand ist in Urlaub. So werden die neun Akteure vom Freising-Debakel die Chance zur Wiedergutmachung bekommen.
Dass die Bayreuther (8 Punkte) ihren sechsten Platz an diesem Wochenende einbüßen, ist unwahrscheinlich, denn drei der vier hinter ihnen rangierenden Rivalen (Grafing II/6, Regenstauf/6 und Türkheim/4) sind spielfrei, und der VCO München (7) muss sich zwei Mal mit dem starken Landeshauptstadtrivalen DJK auseinandersetzen.